Die Schule
Die "kleine" Schule
Nr. 43 Bis
1868 die kleine Schule
Das Gründungsjahr der Wehrstedter Schule ist heute nicht mehr
feststellbar, aber es soll vor 1800 liegen. Wie im 18. Jhd.
üblich,
werdendie ersten Schulmeister wohl eigentlich Handwerker gewesen sein,
die die Kinder "mehr nebenbei" im Schreiben, Lesen und Rechnen
unterwiesen. Dem vor 1800 angegebenen Lehrer Bremer wird jedenfalls
nachgesagt, daß er große handwerkliche
Fähigkeiten hatte und damit sein
schmales Gehalt aufbesserte.
Die Schule wird unter dem Patronat der Gutsherren gestanden haben. Sie
stand neben dem Pfarrwitwenhaus, Nr. 43. Eine Eintragung besagt,
daß
Friedrich Wilhelm Leopold v. Stopler dieses Haus 1799-1800
auf seine Kosten erbauen ließ. 1818 wird es das erste Mal
urkundlich
erwähnt, weil dem "Adjunkten" [= Hilfsbeamter) Bremer vom Gute
49
Taler, 1'/3 Klafter Scheitholz und 2 Schock Wellen
ausgehändigt wurden.
Der Schulmeister wurde also vom Gut bezahlt und wohl auch ernannt oder
angestellt. Als das Geschlecht derer von Stopler ausstarb, wurden die
Lehrer auf Vorschlag des Kreisschulinspektors von der Königl.
Preuß.
Regierung ernannt. Die Klosterkammer, Nachfolgerin im Besitz der von
Stoplers, verkaufte dieses "kleine" Schulhaus im Jahre 1868 an den
Schäfer Ernst Stein für 2700 Mark.
Die Wehrstedter Schulmeister, Organisten und
Küster
- ca. 1800-1836 Lehrer Bremer
- 1836-1862 Lehrer Gade, der "wegen
körperlicher Schwäche zu Michaelis 1862 hierselbst
emeritiert wurde".
- 1862-1865 Lehrer Scharfe, aus Hamburg kommend
- 1865-1865 Lehrer Spangenberg, ging nach
Hardegsen
- 1865-1873 Lehrer Wilhelm Düwel.
"Derselbe hat den Feldzug von
1870/71 als Musketier des 79. Inf.-Rgts. mitgemacht". Während
des
Feldzuges hat sein Schwiegervater, der Emeritus Gade, Schule gehalten.
- 1873-1874 Präparand Bode
- 1874-1887 Lehrer Theodor Sötebier, der
nach Steders-dorf bei Peine versetzt wurde
- 1887-1893 Lehrer Gröling, versetzt
nach Himmelsthür ein
viertel Jahr vakant. Die Lehrer aus Salzdetfurth, Upstedt und
Bültum
unterrichteten vertretungsweise
- 1894- 1932 Lehrer Heinrch Steinborn, bisher in
Rietze bei Meinersen
- 1932-1964 Lehrer August Nienstedt
- 1964- 1980 Hauptlehrer Heinz Hofmann
Vor der
alten Schule, 1902
Bis 1901 hatten die Wehrstedter Schulmeister auch das Organisten-und
Küsteramt inne. Die Ämter wurden getrennt, auch das
Vermögen. Es
bestand aus Ackerland, Wiesen, Holzung, Flachsrotte und Hausgarten.
1879 besitzt die Schule außerdem ein bares Kapital von
1060,84 Mark,
das aus Ablösungen stammt: Die Forstverwaltung hatte das
jährlich zu
liefernde Brennholz für die Schule abgelöst und der
Kötner Heinrich
Mahnkopp (Nr. 6) einen Himpten Roggen, ebenfalls der Landwirt Hermann
Ohms und Schuhmacher Heinrich Gerbes je einen Himpten Roggen und einen
Korb Eier. Bei der Ämtertrennung 1926 bekam die
Kirchengemeinde als
"Küsteranteil" etwa 80% und die Schule 20°/o des
gesamten Vermögens.
Das war für die Schule: 1 Holzteil im Südteil des
Hainholzes, das
Klassenzimmer und 20% der Ländereien. Die "Küsterei"
(Kirchengemeinde)
erhielt: Ein Holzteil am Nordhang des Hainholzes, 80 % der
Ländereien,
das Schulgebäude, alle Naturallieferungen und alle Kapitalien.
1932 wurde auch das Organistenamt von der Schule getrennt. Alle
Ausgaben für die Schule wurden nach der Ämterteilung
von der
Gemeindekasse aus Steuergeldern beglichen. Aus der Staatskasse kam
dafür ein Zuschuß von 500 Mark. Dem Schulvorstand
gehörten an : Der
Pastor, der Gemeindevorsteher, der Lehrer und 4 andere Mitglieder nach
altem Brauch 2 Hofbesitzer (Kötner) und 2 Anbauern
(Häuslinge). Erst
1945 trat an seine Stelle der Schulausschuß des
Gemeinderates.
Das Küsteramt war von Anfang an mit dem Organistenamt an die
Schulstelle gebunden. Bis zum Jahre 1901 blieb es so, daß der
Schulmeister auch die Küsterdienstleistungen
übernahm: 1. Kirche auf-
und zuschließen 2. Kirche reinigen 3. Läuten und
schmieren der Glocken
4. Schmieren, aufziehen und stellen der Uhr 5. Altar- und Kanzeldecken
auflegen und abnehmen, waschen und plätten 6.
Abendmahlsgeräte
aufstellen und wieder wegschließen 7. Wein und Oblaten
besorgen und den
Abendmahlstisch bereiten 8. Taufwasser besorgen und eingießen
9.
Anstecken der Lichter (Der Aufgabenkatalog hatte noch 5 weitere
Küsterdienste)-
Daß mancher Lehrer noch nach 1932 Organist und Lehrer war -
obwohl das
Lehreramt nicht mehr mit dem Kirchenamt verbunden war - beruhte auf
einer freien Vereinbarung, die heute mit "nebenberuflich" bezeichnet
werden müßte.
Die alte Schule
Weil Mitte des 19. Jhds. die Schule wegen der gestiegenen
Schülerzahl
zu klein wurde, bauten die Wehrstedter 1868 an der
südöstlichen Seite
des Kirchplatzes eine neue Schule. An dieser Stelle war bis dahin ein
Ententeich, der auch in sehr heißen Sommern nicht
austrocknete.
Aus einem Bericht a. d. Jahre 1868:
,Zur Zeit des Schulbaues befand sich hier ein Teich mit starken
Quellen, welche auch bei anhaltender Dürre niemals versiegten.
Wenn die
Brunnen einmal trocken wurden, dann holten die Nachbarn aus diesem
Teiche das nötige Trinkwasser für ihr Vieh ..."
Der "Pausenhof" war bis 1908 die Dorfstraße vor der Schule.
Erst dann
stellte der Kirchenvorstand den ausgedienten alten Kirchhof an der
Südseite der Kirche als Turn- und Spielplatz zur
Verfügung.
Ein sehr ergiebiger Brunnen lag mitten im Gemüsegarten des
Lehrers. Aus
ihm wurde noch bis 1931 das Wasser für die Schule und den
Lehrerhaushalt "gepumpt".
Als im Jahre 1896 das Kaliwerk in Salzdetfurth abgeteuft wurde, zogen
auch viele Bergmannsfamilien nach Wehrstedt. Oft waren es kinderreiche
Familien. So stieg die Schülerzahl von ca. 45-50 Kindern auf
über 90!
1904 wurde deshalb das Schulzimmer umgebaut und erweitert. Kosten:
1.800 Mark.
Jahrgang
1907 (Lehrer Steinborn)
Nach dem Zustrom der Flüchtlinge und Vertriebenen nach dem 2.
Weltkrieg
stieg die Schülerzahl wiederum. 1950 waren es 167 Schulkinder!
1947
sogar 186 Kinder. Der Schulunterricht dauerte bis 17.30 Uhr. Deshalb
wurde am 5. 6. 1950 auf dem Philippschen Hof ein zweites Klassenzimmer
eingerichtet, in dem das 1. bis 4. Schuljahr unterrichtet wurden.
Dort unterrichteten nacheinander:
Lehrer Erich Grosser, Maria Timm, Erika Matern, Ilse Knappe, Hilde-gard
Malitz, Lothar Paul, Christa Neubert.
Die neue Schule
1962 wurde die neue - die jetzige - Schule auf dem Philippschen Hofe
gebaut und bezogen, ausgestattet nach modernen Gesichtspunkten. Sie hat
3 Klassenräume, einen ca. 8 ar großen Pausenhof und
eine ca. 1,5 Morgen
große Spielwiese. Der Neubau kostete 280.000 DM.
Grundstück, Schulhaus
und Lehrerwohnhaus gehörten der Gemeinde Wehrstedt, waren also
mit
Klosterkammer und Kirche überhaupt nicht mehr verbunden. 1974
ging
alles in den Besitz der Stadt Bad Salzdetfurth über.
Die 1962
erbaute Grundschule Wehrstedt
(Anm. die Schule gibt es leider nicht mehr,
stattdesen befindet sich ein Dorfgemeinschaftshaus in ihr)
Auf Zucht und Ordnung und alle anderen Tugenden wurde in dieser Schule
schon immer geachtet, und zur-Schule-gehen war schon immer Pflicht. Wer
sich dieser Pflicht entziehen wollte, wurde auch damals schon bestraft.
Davon zeugt in der Schulchronik eine Eintragung, die schon ein
dreiviertel Jahrhundert alt ist:
"Der Dachdecker Christian M. wurde, weil er seinen Sohn E ... nicht zur
Schule schickte und ihm später auch keine Bücher
aushändigte, zu 5 Mark
Geldstrafe verurteilt ...
Der Bergmann Wilhelm E. wurde dafür, daß seine
Tochter Emilie längere
Tage die Schule versäumte und sich spielend auf der
Straße aufhielt,
... mit 3 Mark bestraft."
Typischer ist für die Wehrstedter Schulkinder aber wohl die
folgende Eintragung, die auch aus demselben Jahre stammt:
"Das sittliche Verhalten der Schulkinder in und außer der
Schule war immer ein gutes und hat zu Klagen niemals
Veranlassung gegeben". (Was auch in Zukunft so bleiben möge)
Die große Wasserflut
Nach Aufzeichnungen von dem Sehlemer Bürger Joh. Heinrich
Grobe (1839):
Am dritten Pfingsttage, dem 27. Mai 1738, entlud sich hier
über den
Dörfern des früheren "Gelenberger Goe" im Amte
Winzenburg und "Stift
Hildesheim" ein gewaltiges und schweres Hagelgewitter. Durch die
hierdurch entstandene Flut mußten viele Menschen und Vieh ihr
Leben
lassen.
Die hiesigen Einwohner glaubten, ein "Gottesgericht" wäre
über sie hereingebrochen, denn "Pest, Theuerung und
Feuersbrunst sind gar harte Plagen, reichen jedoch nicht an die Flut
mit ihrer plötzlichen Gewalt und Not".
Das Gewitter zog sehr schnell über Petze und Sibbesse auf,
brach gegen
5 Uhr nachmittags mit Gewalt los und dauerte etwa bis 7 Uhr abends.
Vom fast schwarzen Himmel zuckten gewaltige Blitze, und wie aus Mulden
gegossen, stürzte das Wasser mit nie gesehenen Hagelmassen zur
Erde.
Äste wurden von den Bäumen geschlagen und das ganze
Winter- und
Sommerfeld böse verwüstet.
Die Erde ist durch die Wassermassen fortgespült, so
daß sich Löcher und
Furchen von etlichen "Ruhten" Breite und 3 bis 4 Ellen Tiefe ergaben.
Auf den Talwiesen lagen Hunderte Fuder Steine und Grand. Die Hauptwege
waren derart mit Morast überschüttet, daß
sie sehr lange Zeit nicht zu
passieren waren. Die Fensterscheiben waren fast alle zerschlagen, und
Zäune und Bäume mußten der Flut weichen.
Am meisten wurde das Dorf Almstedt betroffen. Die Traurigkeit und Not
ist kaum in Worte zu fassen. Durch die Flut wurden elf Häuser,
drei
Scheunen und viele Ställe niedergerissen und samt
Bäumen bis Breinum
und östrum gespült. Große Eichen und
Twisselbäume brachen gleichfalls
um. Auf dem adeligen Hofe "von Rheden" sind alle Mobilien, die neue
Scheune, die neue Mauer, Backhaus und Ställe mit dem Vieh
weggerissen.
Die Personen, die in dieser Flut ertrunken, sind: Conrad Thielemann
nebst Frau und Tochter. Hans Heinrich Stoffregens Frau mit zwei
Kindern, seines Bruders Frau, von Sehlem gebürtig, mit zwei
Kindern
samt Haus und Hof. Die Müllerstochter von 16 Jahren ist auf
einem
Weindenbaum ertrunken. G. Lampens Frau. Der Riegemann Wunstorf sah vom
Berge, wie seine Frau und Kinder weggerissen wurden, ohne helfen zu
können. Christoffel Stahl mit Frau, Tochter und ganzem Hause.
Bartold
Hanens Ehefrau, Kind und ganzem Hause, nebst einer Witwe mit Tochter,
so im Hause wohnten. Hermann Raschens Frau, dessen Kind wunderlich
gerettet. Ernst Knacksterdts Frau mit Kind und ganzem Haus. Des Andreas
Müllers Frau, Kind und Tochterkind. Er selbst war auf das
Hausdach
retirieret und wurde mit der Flut bis in die Masch getragen, wo er mit
dem Leben davonkam.
Zu östrum ist ein Haus weggerissen und 18 sind nebst einer
Brücken und
Mühle ruiniert. 6 Pferde, 57 Hornvieh und 14 Schweine sind
auch
ersoffen.
Unvermuthet brach die Flut in den Flecken Salzdetfurt ein. Bis drei
Ellen hoch kam die Flutwelle mit viel Holtz und Planken, die gleich die
vier "Saltzkathen" an der Lamme gelegen fortrissen. Der
Schäfer rief
vom Berge: "O Water, 0 Water, Bargan, Bargan!" doch die Leute
verstanden ihn nicht und wurden vom Wasser überrascht. Einige
hatten
sich in die Kirche geflüchtet und mußten auf den
Turm, denn schnell
stand das Wasser 6 Fuß hoch in der Kirche. Das Wasser stund
bis an den
2. Stock der Häuser, bei einigen bis ans Dach. Gegen 7 Uhr
fiel das
Wasser und da man um 9 Uhr abends den Boden betreten konnte, fand man
nur Schlamm, weder Essen noch Trinken.
Die ihr Leben hier drin geendigt, sind: Hanß Heßen,
ein Mann von 77
Jahren. Er läuft ins Haus in die obige Kammer und wird doch
vom Wasser
ergriffen. In dieser Kammer schlief ein Kind aus Hildesheim, Herrn
Bösen Sohn von 5 Jahren, welches gleichfalls mußte
im Wasser seinen
Geist aufgeben. Anna Dorothea Ledderhaus, Ernst Gudewills Witwe von 95
Jahren, sitzend auf ihrem Bette, wurde vom Wasser durchs Fenster
getrieben. Christoph Becker und dessen Frau Ilsabe 46 Jahre wurden vom
Holtz unters Wasser gedrückt. Heinrich Nauen Frau 66 Jahre.
Klages
Warneken Tochter 19 Jahre, 2 Söhne von 5 und 2 Jahren. Eva
Stoffregen
77 Jahre alt. Caspar Täsings Sohn von 4 Jahren wurde beim
neuen Krug
ergriffen. Frantz Fäsings Frau von 66 Jahren nebst ihrer
Tochter Kind
von '\3/* Jahren. Christof GIejen, ein Mann von 79 Jahren.
In wunderbarer Weise, wurde in dieser großen Wasser-Noth der
Hildesheimer Stadtschreiber gerettet, der in der Fensterbank vom neuen
Kruge zwei Stunden lang bis an die Schulter im Wasser gestanden. Auf
einem Birnenbaume haben sich 13 Personen gerettet. Ein Knabe von 9
Jahren kommt bei der neuen Mühle angeschwummen, der
Müller konnte ihn
mit einem Eisenhaken nicht erhaschen, bleibt aber doch an einem Baum
hangen und fristet sein Leben.
In Salzdetfurt sind an Vieh 10 Pferde, 116 Stück Hornvieh und
29
Schweine ersoffen. Von den Saltzkothen sind 16 stehen geblieben und
ebenso viele vernichtet. 178 Häuser sind stark
beschädigt. 7
Saltz-pfannen sind aus den Kothen über hundert Schritt
weggeflossen.
Alle Brunnen sind voll Schlamm. 7 Brücken und 1 Mühle
sind gäntzlich
verdorben. Der Schaden des in den Kothen geschmolzenen Saltzes wird auf
510 Thaier gehalten. Der Schaden an vernichteten guten Holtz auf 3000
Thaler.
Diese Wasserfluth hat auch in Wesseln 4 Menschen, 14 Kühe und
23
Schweine vernichtet. Auch in Klein Düngen sind noch viele
Gebäude
ruinieret und 30 Schweine ersoffen.
Die Menschen mögen hieran lernen, wie groß der Zorn
Gottes über die
Sünden der Menschen sey und wie bald er den Menschen
könne dahin
raffen. Die Zahl der ertrunkenen Menschen und Vieh sind soweit bisher
bekannt, nochmals erwähnt.
Menschen: 73, Pferde: 34, Hornvieh: 205, Schweine: 163, Schafe: 74,
Gänse: 300.
Die Franzosenzeit
Nachdem Napoleon Deutschland besetzt hatte, wurde am 1. Sept. 1807 das
Königreich Westfalen gegründet. Napoleons
jüngster Bruder Jerome wurde
König von Westfalen und residierte als "König Lustik"
in
Kassel-Wilhelmshöhe. Am 23. August 1807, also eine Woche
vorher, wurde
Jerome in Paris mit der Prinzessin Katharine von Württemberg
verheiratet. Zu dieser Hochzeit hatten Abordnungen aller Distrikte
seines Königreiches zu erscheinen. Von hier mußte
Graf Brabeck vom
Söder nach Paris. Zehn Tage dauerte die Fahrt in der
Reisekutsche nach
Paris- Wahrhaftig kein Vergnügen !
Aber auch für die Wehrstedter brach keine
vergnügliche Zeit an, obwohl
am 15. Dez. hier beim Bauermeister eine Proklamation von
"König Lustik"
eintraf, die im Dorf ausgeklingelt werden mußte:
"Unsere guten und getreuen Einwohner des Königreiches
Westfalen! An
diesem Tage habt ihr das erste aller Güter erlangt: Ein
Vaterland ...
In dem Ich den Thron besteige, verpflichte Ich Mich, euch
glücklich zu
machen . . ."
Wehrstedt war eine Munzipalität (= Dorf), gehörte zum
Distrikt
Hildesheim im Department Oker. Unser Bauermester wurde Ortsmaire, der
Hofrat Blum wurde in Hildesheim Präfekt. Das interessierte die
Wehrstedter weniger. Aber sie mußten plötzlich mit
franz. Geldwährung,
franz. Maßen und Gewichten rechnen.
Und Steuern wurden erhoben und erhöht: Wegezölle,
Verbrauchssteuern,
Salzsteuer,Grundsteuer, Personalsteuer. Besonders die sehr hohe
Grundsteuer machte den Bauern zu schaffen!
Und die Konscription! Das war eine Zwangswerbung bei den jungen
Männern, die zur Armee Napoleons eingezogen wurden. 25.000
Deutsche
mußten mit nach Rußland marschieren, darunter drei
Wehrstedter, die
heute nicht mehr namentlich bekannt sind. Aber von dem Nettlinger
Andreas Liekefett ist ein Brief erhalten. Nach seiner Rückkehr
von dem
großen Marsch bis vor Moskau ist er zurück, aber
"ungesund und von
elender Lebensart" nur bis Kassel gekommen. Er schreibt von dort an
seine Eltern:
Liebe Eltern, ich grüße Euch
vieltausendmal! .
... Ich hätte nicht gedacht, dass ich hätte nochmal
an euch schreiben
können, aber Gott hat seine Gnadenhand über mich
gehalten.
. . . Vom ersten Regiment sind unser einundzwanzig Mann von gekommen,
die ändern sind tot oder gefangen. Meinen guten Freund Henning
Möhlen
den habe ich müssen verlassen. Ich weiß nicht, wo er
geblieben ist ...
Liebe Eltern, ich habe mir oft gewünscht, das Übrige
von Eurer
Mahlzeit, wir haben uns müssen das Gras vom Felde kochen in
Rußland.
Ach, ich kann es euch nicht schreiben wie es mir ergangen ist. Vier
Wochen vor Weihnachten da ging die Retirade (Rückzug) los, und
haben
müssen marschieren bis jetzt.
Dreihundert Meilen (d. h. etwa 2250 km) bin ich, liebe Eltern, von euch
entfernt gewesen. Jetzt sehe ich gerne, dass doch mal einer von euch
käme und besuchte mich doch. Und bringt mir doch etwas Geld
mit, damit
ich mich doch etwas wieder erquicken kann. Ich bitte Euch,
verlaßt mich
doch nicht. Ich liege in der Hogendorfstraße bei dem Metzger
Meyer in
Kassel.
Liebe Eltern, ich bin in großen Nöten und
Ängsten gewesen, aber Gott hat mich doch immer wieder errettet
. . .
1848 bricht überall in Deutschland die Revolution aus, auch in
Wehrstedt. Von den Vorgängen im Dort wußte einige
Jahre später der
Müller Hagemann zu berichten.
Vorweg aber einige Anmerkungen : Wehrstedt ist 1848
preußisch, das Gut,
seine Häuser noch nicht verkauft. Auf dem Gutshof
("Klostergut") wohnt
ein Amtmann als Pächter, im Pfarrhaus der Pastor Zenker, im
Witwenhaus"
der Revierförster Lange. Im Haus Nr. 32 wohnt der Brinksitzer
und
Kirchenvorsteher Heinrich Mumme und in Nr. 28 der Vorsteher Heinrich
Leinemann.
Was der Müller Hagemann von der
Revolution zu berichten weiß:
1848 erhoben sich die bedrückten Bauern,
zogen mit Forken und
Dreschflegeln zunächst vor das Pfarrhaus. Sie mußten
tatsächlich Hunger
leiden und riefen von flammender Wut entbrannt:
Preßfreiheit!! Pastor
Zenker ließ hinten ins Haus den Kirchenvorsteher Mumme
kommen, und im
Schütze dieses breitschultrigen Mannes trat er vor das Haus
unter das
empörte Volk, zum herzzerreißenden Jammer seiner
Frau, die ihn
beschwor, sich nicht unter die Revolutionäre zu wagen. Doch er
ging
ruhig Als ihm doch etwas unbehaglich wurde, schaute er sich mal um nach
Mumme. Doch er hatte sich verzogen. "Also", sagte er, "was wollt ihr
denn - Seid doch vernünftig !" Er soll sterben, der Vorsteher,
der Kopf
soll herunter!" Als sie vor das Haus kamen, war alles verrammelt,
Läden
zu. Tür verschlossen. Der Pastor klopfte an. Kinder fingen
immer an zu
schreien.
Pastor Zenker: "Ich bins, macht doch auf. Ich will euch helfen!" Frau L
macht auf. Die Kinder sitzen alle unter dem schweren Eichentisch auf
den Fußbrettern, wie Küken
zusammengedrängt. Er ist geflüchtet.
"Also, mit L habt ihr Frieden!" "Nun weiter zum Amtmann!" (Heinemann)
Der ist zu Haus. Als die Menge auf den Hof kommt, sehen sie
Flintenläufe aus den Fenstern ragen. Pastor Zenker geht
hinein. Er
sagt: "Herr Amtmann, sie müssen was gewähren, sonst
geht's ihnen
dreckig. Kommen sie, wir gehen zusammen runter, dann geschieht ihnen
nichts!" "Auf keinen Fall! Ich spreche hier oben vom Fenster". [Dann
ruft Pastor Zenker vom Fenster hinunter:] "Er will Land billig
verpachten, Korn gegen Geld hergeben. Nun zieht ab!! Aber die Leute
haben kein Geld. Pastor Zenker, [der gerade] eine Erbschaft gemacht,
sagt: "Ich will für euch einstehen, mit meinem Gelde!" Der
Amtmann
[warnt] ihn: "Pfäfflein, nimm dich in acht! Kannst du nicht
zahlen,
ziehen sie dir das Fell über die Ohren!" [Zum Amtmann] sagt
Pastor
Zenker: "Wie wär's, wenn jetzt [verhandelt] würde""
Der Amtmann springt
auf, wirft seinen Stuhl in die Ecke, sieht schnell wütend auf
die
Menge, verläßt [das Zimmer] und schlägt die
Tür hinter sich zu! Darauf
geht auch Pastor Zenker ruhig nachhause. Als der Haufe mit [ihm] vom
Gute abzieht, sagt Pastor Zenker: "Ich habe viel Korn gekauft. Das will
ich euch billig geben. Kommt und holt euch was!
Nach dem Bericht soll der alte Müller Hagemann versonnen vor
sich
hingeschaut, dann geschmunzelt und wehmütig
hinzugefügt haben:
Tscha - das was de ganze Revoluschon !
Von der Revolution selbst sind keine äußerlichen
Erinnerungen
geblieben. Auch kein Stein oder Baum zeugt noch davon. Vielleicht ist
aber das Bild Pastor Zenkers in der Wehrstedter Kirche ein Zeichen der
Dankbarkeit. Die große Linde vorm Kruge wurde als Lutherlinde
die Eiche
vor der Schmiede als Reformations-Eiche erst 1917 gepflanzt.
Pastor
Zenker
Die beiden Wilddiebe
Daß die "gute alte Zeit" gar nicht immer so "gut" war, zeigt
die folgende Eintragung in der Gemeindechronik:
Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts war die Armut in Wehrstedt sehr
groß.
Aus Gemeindemitteln mußten ununterbrochen
Armenunterstützungen gezahlt
werden. Die beiden Familien Dietrich, welche von Diebstahl und
Wilddieberei lebten, machten der Gemeinde ganz besondere
Schwierigkeiten. Nachdem ein Versuch, den Maurer Heinrich Dietrich mit
seiner Frau und 3 Kindern nach Australien zu verschicken,
fehlgeschlagen war, wurde diese Familie im September 1856 nach
New-Orleans in Amerika geschickt. Die Unkosten für ihre
Beförderung ins
Ausland betrugen 209 Taler, 11 Groschen, 4 Pfennig.
Dieser Dietrich kehrte gegen 1880 aus Amerika zurück, ohne
Frau und
ohne Kinder, und wohnte in Hildesheim. Dort erschoß er in den
90er
Jahren eine Frau und ein Kind und wurde dafür vom
Schwurgericht zu
Hildesheim zum Tode verurteilt, nachher aber zu
lebenslänglicher
Zuchthausstrafe begnadigt.
Im Oktober 1856, also einen Monat später, wurde der
Schuhmacher
Christoph Dietrich mit seiner Frau und einem Kinde auch nach
New-Orleans geschickt. Die Unkosten betrugen für die
Übersiedlung 96
Taler, 2 Groschen.
Der Schweinehund
Die folgende Geschichte ist zwar nur mündlich
überliefert, soll aber ganz die Wahrheit wiedergeben.
Als nach der mißglückten Schlacht bei Langensaiza
(1866) das
Hannoversche Königreich von Preußen besetzt war,
kamen auch preußische
Beamte und Soldaten ins hiesige Amt Marienburg. Preußische
Gendarmerie
achtete hier auf Ordnung! Und wenn ein Gendarm im Dort erschien mit
Pickel, Schnauzbart, umgeschnallten Säbel usw. ", so
muß das etwas
Furchterregendes gewesen sein. (Aber unbeliebt sind wohl alle
Besatzungen.) Die Abneigung und der Zorn der Bevölkerung galt
wohl mehr
Berlin, der preußischen Regierung und damit Bismarck.
Deswegen nannte
der hiesige Schweinehirt Heinrich N. seinen Hund jetzt "Bismarck". Das
war ein alter, bissiger Kläffer, der nie recht hören
wollte. Diesmal
wollte er wieder mal gar nicht hören! Und Heinrich N. polterte
sich
fast die Seele aus dem Hals: Bismarck, kumm! Bismarck, warte nur!
Bismarck, wull de woll! Das hörte im Vorübergehen
auch der preußische
Gendarm, verwunderte sich und fragte streng und barsch, ob hier wohl
alle Hunde "Bismarck" hießen. "Nä"-, seggt Heinrich,
"blots de
Swoinehunde!"
Die Verkoppelung
In den Jahren 1865/1869 hat in der gesamten Feldmark und im Dort selbst
eine Auf- und Umverteilung von Ländereien stattgefunden. Die
Allmende
wurde dabei an die Einzelnen verteilt, einige Ländereien auch
umverteilt, d. h. "verkoppelt". (Allmende heißt das
Gemeinschaftseigentum der Dortbewohner an der landwirtschaftlichen
Nutzfläche = Weide, Wald, Wiese.)
Bis 1869 hatten die Dortbewohner noch Gemeinbesitzungen und allgem.
Nutzungsrechte, die endgültig "abgelöst" wurden. Der
Dortanger wurde
gewissermaßen an die einzelnen Grundeigentümer
aufgeteilt. Aber neben
den Weide- und Holzrechten wurden auch die Pflichten (Dienstleistungen,
Naturalabgaben, u. ä.) abgelöst. Dieser Vorgang des
"Verkoppeins"-
schriftlich festgehalten als Rezeß (= Vertrag oder Protokoll)
- füllt
im sogenannten Rezeßbuch 217 Seiten.
Laut Rezeßbuch wurde die Verkoppelung am 21. Dez. 1869
abgeschlossen,
nachdem etwa 4 Jahre vermessen, verteilt und umverteilt worden war. Die
Feldeigentümer bekamen, ihrer Hofgröße
entsprechend, Anteile aus der
Allmende als Eigentum zugeteilt. Aber vorher waren alle Sonderrechte
aus der "Verteilermasse" abzugelten - und gerade das füllt die
meisten
der 217 Seiten.
Dabei wurde eine Grundstückskarte der Feldmark und des Dorfes
erstellt
und die Hausgrundstücke erstmals numeriert. Dem
Königl. Preuß.
Oberamtmann v. Oeynhausen und den Landvermessern Fleische und Sothmann
aus Bockenem gingen 6 Kotsassen und 3 Anbauer beim Grenzenfestlegen und
Werteinschätzung zur Hand.
Geteilt wurden alle Grundstücke, Ackerländereien,
Wiesen, Anger und Forsten in Wehrstedt.
Jeder darf das bisher bewohnte Haus und Hausgrundstück als
Eigentum behalten und "jeder ist befugt, seine Abfindung . . .
nach seinem Gutbefinden auf jede erlaubte Weise zu nutzen. Die
3-Felder-Wirt-schaft ist aufgehoben, ebenfalls die Hegezeit der
Wiesen".
Vor der Verkoppelung hatten alle Grundbesitzer allgemeine
Nutzungsrechte, auch das Klostergut (mit Forsthof und
Schäferei), die
Pfarre und die Schule, der Ackerhof und sämtliche Kotsassen.
Sie hatten das Weiderecht auf den Stoppeln der Äcker, auf den
Wiesen
nach der Mahd, aber in den Forsten und auf dem Anger das ganze Jahr
hindurch. Pferde, Kühe, Schweine und Gänse durften
dort weiden. Die
Brinksitzer und Anbauern durften auch ihr Vieh dort weiden lassen,
hatten aber ein Weidegeld (meistens 3 M) zu entrichten.
Häuslinge
durften das nicht.
Den Rischen-Anger benutzten auch die Salzdetfurther als Weide. Das Gras
der Reihewiesen wurde reihum verteilt. Auf dem Anger durfte das Gut
Kopfweiden anpflanzen, die anderen aber Hainbuchen. Grand und Lehm
für
sein Haus durfte jeder Hausbesitzer dem Anger entnehmen.
Alle Einwohner - auch die Häuslinge - durften in den
Flachsrotten ihren
Flachs rotten und auf dem Anger trocknen. Alle durften auch dem
Königl.
Klosterforst Streulaub entnehmen, aber nur die Häuslinge,
Anbauern und
Brinkbesitzer durften dort trockenes Holz hakeln. Der Müller
durfte dem
Anger auch Erde und Soden entnehmen. Im Verkoppelungsrezeß
ist jede
neue Regelung bis ins Detail festgehalten und aufgezeichnet:
Die Grundstücke im Dorf verbleiben den bisherigen
Eigentümern und
werden numeriert (s. Anhang). Die Wege werden gena vermessen. Vom Anger
bekommt das Klostergut 30 Ruten für die bisherige Nutzung von
Kopfweiden. Kotsassen, Pfarre und Schule bekommen vom Anger je 15 Ruten
für bisherige Nutzung von Hainbuchen. Für das
bisherige Weiderecht in
den Klosterforsten bekommen die Weideberechtigten 10 Morgen Angerland,
nur Klostergut und Forsthof bekommen nichts. Für das
abgelöste
Streulaubsammeln
bekommen alle zusammen - außer Klostergut - 15 Morgen
Angerboden.
Die Häuslinge dürfen auch weiterhin Laub aus Wegen
und Gräben
entnehmen, auch Heide- und Heidelbeerkraut. Aber sie müssen es
"an die
Klosterforst" (= Forstverwaltung) bezahlen. Die Kotsassen
dürfen das
nicht, da sie selbst Wald besitzen, aber 13 Brinksitzer, 19 Anbauern
und 30 Häuslinge dürfen nur noch an 2 Tagen Leseholz
in der Forst
hakein.
Das Hirtenhaus - bisher gemeinsames Eigentum des Ackerhofes und der
Kotsassen - wird an Ernst Mahnkopp und Heinrich Mahnkopp verkauft.
Das Grundstück 93 wird als neuer Friedhof Eigentum der
Kirchengemeinde und wird bis zum Bedarfsfall vom Schullehrer genutzt.
Alle Feldmarkbesitzer nutzen weiterhin gemeinsam:
Die Mergelgrube an der Ohe (113)
die Lehmgrube über dem alten Berge (184)
die Grandgrube am Ziegenberge (236)
und den Raum zum Trocknen der Flachsknoten am Ziegenberg (234)
Die oberen Flachsrotten im Brander-Siek bleiben für alle
Einwohner, die keine eigenen Flachsrotten haben.
Die Brunnen dürfen weiterhin von den in der Nähe
wohnenden Einwohnern
benutzt werden, wenn sie sie auch unterhalten. Die Lamme ist ab
Riehe-Mündung die Grenze zu Salzdetfurth. Das Gras am Ufer
darf nur der
nutzen, der das Ufer unterhält. Am Stauwehr wird das Wasser
vorrangig
für den Mühlenbetrieb des Kotsaß' Baake
abgeleitet. Mit dem übrigen
Wasser dürfen die Wiesen bewässert werden. Der
Müller unterhält
Stauwehr und Mühlengraben, die Wiesenbesitzer unterhalten den
Damm.
Alle Abzüge und Gräben zur Lamme hin sind Eigentum
der
Verkoppelungsinteressenten und dürfen wie die beiderseitigen
Stellwannen nicht verändert werden. Stellwannen sind
schwengelbreite
Ränder, damit beim Pflügen ein Pferd und ein Pflugrad
drauf Platz
haben.
Alle Wege sind öffentlich. Auch der bisherige Richteweg von
Bodenburg
nach Schloß Söder (Nr. 76) ist als
öffentlicher Gemeindeweg anerkannt.
Den Holzbestand am Ziegenberg, vorm Weißen Stein und vorm
hinteren Berg
haben die Parzellenbesitzer für 576 Reichstaler, 2 Groschen
und 5
Pfennige gekauft.
Die Pächter der 4 Morgen 38,5 Ruten Kirchenland und der
35 Morgen 25 Ruten Pfarrland dürfen dieses Pachtland auch
weiterhin pachten. ... (217 Seiten sind so
gefüllt!)
Der Dorfplan
von 1869
Schichtenprofil
Im Oktober 1964 bohrte die Preußag in der Masch auf 40 m
Tiefe einen
Brunnen für das Kaliwerk in Salzdetfurth. Die Brunnenbauer
arbeiteten 6
Wochen und hatten bereits bei 80 cm Tiefe Wasser ange-
bohrt, das vom natürlichen Druck auf 50 cm hochgebracht wurde.
Auf
2,90 m bis 3,30 m steht bereits brauchbares Grundwasser.
Eine geologische Seltenheit wurde auch angebohrt: Zwischen ca. 2,00 m
und 3,00 m Tiefe liegt an dieser Stelle Faulholz. Das ist eine Vorstufe
von Kohle und ist dem Torf vergleichbar. Dieses Faulholz- Flöz
hat eine
Mächtigkeit von ca. 1,10 m! (Bei weiterer Energieverknappung
wäre zu
bedenken, ob man . . .)
Das Bodenprofil wurde ca. 300 m südwestlich der heutigen
Schule
er-bolirt. Es ist typisch für die Masch, die Fronwiese, die
Grote Wisch
und den Entenpfuhl (Ahnepaule). Das ist etwa das Gebiet zwischen
Friedhof und den "Zuckerteichen", zwischen Philippschem Hof und
Gallberg (Bergmühle).
Erkennbar ist, daß die Schichten 1 bis 3 vermutlich in den
letzten 400
Jahren aufgetragen (aufgeschwemmt) wurden. Sie sind wohl ein
"Nachlaß"
der großen Überschwemmungen.
Wasserführend, d. h. für Brunnenbohrungen ergiebig,
sind die
Kiesschichten 6, 7, 8. Dieses Wasser ist gering ockerfarbig
getrübt,
was vom Eisenrost im Kies herrührt.
Vom Salzstock und den Bergleuten
a) Zum Salzstock, zur Tektonik:
Normalerweise liegt das Salz in tieferen Schichten und ist von
jüngeren
Sedimentschichten (Ablagerungen) zugedeckt, z. B. von Buntsandstein,
Muschelkalk, Keuper . . .). Zuletzt wurde unsere Gegend auch noch von
eiszeitlichen Sedimenten überdeckt. Durch die Beschaffenheit
der
unteren Ablagerungsschichten ist das Salz vor Wasser geschützt
und kann
nicht aufgelöst werden.
Dieses Zechsteinsalz wurde nicht nur von einer mächtigen
Sedimentfolge
zugedeckt, sondern auch durch deren Schwere langsam nach unten
gedrückt. Da die Innentemperatur der Erdkruste pro 100 m Tiefe
um rund
3° C steigt, können manche unserer Salzschichten in
ihrer Tiefe bis zu
150 C erhitzt worden sein. Durch den Druck der
darüber-gelagerten neuen
Sedimentmassen (unter Wehrstedt ca. 700 - 800 m) und der Hitze
veränderte sich die Viscosität des Salzes: Es blieb
nicht mehr starr,
sondern fing an zu fließen und zu gleiten. Das Steinsalz
wurde biegsam
und drückte sich nach oben, in Erdspalten und Risse. Die
Deckschichten
wurden langsam auseinandergedrückt.
Eine
Tektonik-Zeichnung der K -+- S zeigt diese Schichtung wie folgt:
An den Rändern dieses emporkommenden Salzstockes wurden auch
die
Schichten der "Nebengesteine mit emporgedrückt. So entstanden
Sauberge,
Hildesheimer Wald, Ohe usw. als Folge eines solchen, hochgeglittenen
Steinsalzstockes. Die aufeinander abgelagerten maritimen
Sedimentschichten treten an den Abhängen der
Höhenzüge zutage
(Sandsteinbrüche, Mergelkuhlen, Kalksteinbrüche . .
.).
Der jetzt sehr hoch liegende Salzdetfurther Salzstock wurde als
plastische Masse auch in sich stark gefaltet. Diese
Faltvorgänge sind im Bergwerk noch deutlich erkennbar.
Untersucht wurde unser Salzstock durch Probebohrungen erst 1893.
Angeregt durch die Oberflächengestalt der umliegenden
Höhenzüge und die
an ihren Hängen zutagetretenden Tektonik der maritimen
Abdeckungssedimente (Ablagerungen des Urmeeres), fanden drei
Probebohrungen statt. Außerdem traten zwischen
Weifenhöhe und
Sothenberg schon immer Solequellen zutage, die durch Verwitterung und
Erosion bis an den hochliegenden Salzstock reichten. Dort war er nur
sehr dünn überdeckt, brüchig und
für das lösende Wasser angreifbar.
Auch in Wehrstedt hat eine Wasserbohrung hinter Bocks Hof salzhaltiges
Wasser gefördert, das wahrscheinlich durch eine Erdspalte mit
dem
tiefliegenden Salz in Berührung kommt.
b) Zum Schacht
Nach 1893 wurde der 1. Schacht in Salzdetfurth abgeteuft. Der erste der
drei Schächte wurde 1898 fertig und im Jahre 1900 wurde das
erste Salz
gefördert. Das Abteufen, der Bau der Schachtanlagen, die
Nebenbetriebe
und vor allem der Untertage-Abbau benötigte
ungewöhnlich viele
Bergleute und Arbeitskräfte.
Dieses 87
Jahre alte Foto zeigt einen
historischen Augenblick: Am 4. Sept. 1893 wird aus der Tiefbohrung II
bei Salzdetfurth der erste Salzkern gezogen. Drei Jahre später
wurde an
dieser Stelle der Schacht l abgeteuft.
c) Zur veränderten Struktur des Bauerndorfes:
Das ungewollte "Arbeitsbeschaffungsprogramm durch die Kaliwerke
Salzdetfurth AG" brachte für die Wehrstedter
Häuslinge und Anbauer eine
gute Möglichkeit, endlich zu Arbeit und Verdienst zu kommen.
Die Sorge
ums tägliche Brot wurde in einigen Familien um die
Jahrhundertwende
merklich geringer. Aber-der beginnende Salzbergbau brachte auch eine
Reihe Bergmannsfamilien ins Dorf, die "im Salze" einfach keine Wohnung
fanden. Der Kolonieberg war ja noch nicht bebaut. Alte Fotos zeigen
zwischen Oberem Tor und Neuem Krug nur freies, unbebautes Feld.
In Wehrstedt brachte dieser Zustrom zunächst Probleme in der
Dorfschule. Da mußte der Klassenraum auf Anordnung der
Königl.
Regierung vergrößert werden, weil aus 53
Schulkindern 84 wurden! Allein
im Juni 1896 wurden 14 Kinder von Bergleuten neu in die Schule
aufgenommen. Sie gehörten zu den Familien Chr. Jütte,
H. Jütte, Örtel,
Einecke, Ludwig, Wybieralski, Becker, Schlender.
Aber auch plötzliche soziale Verbesserungen brachte der
Anstieg der
Einwohnerzahl und die erhöhte Kaufkraft der Bergmannsfamilien
für
Wehrstedt: Mieteinnahmen für manchen Hausbesitzer. Einige
Bleks und
Brinke wurden als Bauplätze veräußert. So
mancher Himpten Getreide
wurde auf den Kotsaßhöfen mehr verkauft. Auch beim
"lüttgenBäcker",
beim Prüllker und beim Kaufmann stieg der Umsatz
möglicherweise auch
bei den beiden Krügern. Übrigens ging der "Kaufmann"
tagsüber auch zur
Arbeit; einen Laden im heutigen Sinne gab es noch nicht. Die
nötigste
Ware war damals noch im Flur untergebracht, und das
Salzheringsfaß
stand unter der Kellertreppe. Ein gewisser Vorrat stand in der "Stube",
wo bei vielen Wehrstedtern zu jener Zeit noch der Webstuhl stand.
Nr. 58
Anbauer Christian Koch
Das Armenhaus
Das alte "Armenhaus" muß aus dem 17. Jahrhundert gestammt
haben,
gehörte der Gemeinde und stand unterm Ziegenberg (heute Nr.
44). Es
wurde zu Va von den Einwohnern der Gemeinde und '/a vom Gut
unterhalten. Platz war für vier Leute, die im
Erdgeschoß nur Flur und
Küche und einen gemeinsamen Wohnraum hatten. Auf dem Dachboden
hatte
jeder einen Bretterverschlag mit Bett und Strohsack. Das Mittagessen
wurde täglich nach einem festen Plan von den Kotsassen, vom
Ackerhof
und dem Gut für die Armenhäusler hingebracht.
1854 ist das Armenhaus so baufällig gewesen, daß es
von "Wilhelm
Ebeling Kotsassen daselbst" für 241 Taler 13 Groschen 1
Pfennnig neu
aufgebaut werden mußte.
24 Kotsassen, des Ackermann Grebens Witwe, Heinrich Philipps aus
Bodenburg und von Steinberg in Bodenburg bezahlten 2/3 und der
Pächter
des Gutes 1/3 der Summe auf, so daß von einem Kothof etwa 5-6
Taler zu
zahlen waren. Unterschrieben wurde der Vertrag am 25. Okt. 1855 vom
Bauermeister Lücke und den Vorstehern Leinemann und Fischer.
Dieses Jahr 1855 brachte außerdem der Gemeinde Unkosten von
39 Talern
14 Groschen und 6 Pfennigen. Auch diese Unkosten wurden umgelegt, wobei
das Gut wieder Va und die Einwohner in Wehrstedt '/3 tragen
mußten. Die
Unkosten stammten aus "der Unterhaltung der Armen und Waisenkinder
sowie durch' sonstige Lasten der Armen". Dazu kommen zur Abrechnung
"von Krüger Grebe für 4 Tage gehaltende Musik 2
Taler, desgleichen für
ein Spinnrad 10 Groschen und 6 Pfennige, bleib Summe 39 Taler 14
Groschen 6 Pfennige." Ob die Musik wohl fürs Richtefest war?
Außerdem vermerkt die Rechnungsliste der Gemeinde,
daß im Jahr 1855 zur
Unterstützung der Armen an 5 Sonntagen je "16
Sonntagsgroschen"
ausgezahlt wurden. Das waren 3 Taler und 8 Groschen im Jahr, mit denen
der Gemeindesäckel belastet wurde. Oder: Ein
Armenhäusler bekam 20
Groschen im Jahr, das war noch nicht einmal 1 Taler!
Nr. 62, das
Armenhaus unterm Ziegenberg
Die eigenartige Grenze, oder: War Wehrstedt ein
Schmugglerdorf ?
Von 1643 bis 1803 war Wehrstedt wieder hildesheimisch, während
die
Vettern unserer ehemaligen Gutsherren, die bodenburgischen von
Steinbergs in braunschweigischen Diensten blieben. Infolgedessen
gehörte die Bodenburger Feldmark ins Herzogtum Braunschweig,
wenn auch
als Exklave, unsere Feldmark aber ins Bistum Hildesheim.
Karte mit
Grenze (Der Grenzverlauf wurde nachträglich eingezeichnet)
Auf der Karte ist ein eigenartiger Verlauf dieser Landesgrenze zu
erkennen. Er wurde im wesentlichen bestimmt von den
Flurstücken, die
den Wehrstedtern oder zum Bodenburger Gut gehörten. Auch waren
alte
Bachläufe maßgebend. Während die Ohe und
die Fronwiese ganz im
Braunschweigischen lagen, verlief die Grenze in einem wirren Hin und
Her über den Gallberg. Auch vor der Ohe springt der
Grenzverlauf vor
und zurück und deutet somit noch den ursprünglichen
Rand des Waldes an.
Da die Landesgrenze also an der Nordwest-Ecke der Ohe verlief,
trägt
der Wirtschaftsweg von der Dorfmitte zur Ohe hinauf mit Recht den Namen
"Am Schlagbaum". Aber vom Grenzpfahl oder Schlagbaum bestehen keine
Erinnerungen oder Aufzeichnungen mehr.
Einige der Grenzsteine sind bis heute erhalten geblieben, z. B. in der
Großen Wiese, in der Straßenböschung am
Gallberg und in der Wiese vorm
Schellborn. Die meisten sind im Zuge der Flurbereinigung, bei
Dränagearbeiten, beim Sportplatzbau verschwunden. Die meisten
sind aber
"verlorengegangen", als sie in den letzten Jahren zunehmend den
großen
,,landwirtschaftlichen Maschinen im Wege waren " mit der Sense konnte
man eben "drumrum" mähen.
Vor etwa 130 Jahren gelangte diese Landesgrenze in den Mittelpunkt
innerdeutscher Politik. Denn 1834 hatten mehrere deutsche Staaten unter
Führung Preußens den "Deutschen Zollverein"
gegründet. Er baute die
Binnenzölle ab, damit der innerdeutsche Warenverkehr nicht
mehr
behindert wurde. Der Deutsche Zollverein bestand bis 1866 und
löste die
38 Zollgrenzen auf, die sich vorher durch das deutsche Land zogen. Da
jeder Landesherr Zoll erhob, erschwerte das den Handel und verteuerte
die Ware ungeheuer.
Auch die deutsche Ausfuhr wurde zollfrei. Die Einfuhr wurde nur gering
verzollt, damit der Handel aufblühen sollte. Aber da riefen
die
Geschäftsleute nach Schutzzöllen, um die
ausländischen, besonders die
englischen Waren zu verteuern. 1851/52 gab das Land Braunschweig diesen
Forderungen der Kaufleute nach. Dadurch gehörte es nicht mehr
zum
Deutschen Zollverein und wurde Zollausland.
Für die braunschweigische Exclave Bodenburg wurde das ein
Fiasko. Kamen
Handelswaren aus dem Hannoverschen über die Klus und den
Gallberg,
mußten sie vor östrum verzollt werden. Bezogen die
Bodenburger Ware aus
Braunschweig, wurde sie sogar zweimal versteuert. Und dieser
Durchgangszoll war unwahrscheinlich hoch: 1 Liter Kaffeebohnen wurde
mit 3 Reichstalern versteuert, in Wehrstedt _ Zollinland - nur mit 5
ggr. (Groschen)
Wegen der zunehmenden Verarmung durch den Handelsrückgang nach
Bodenburg, verlegten die Bodenburger sich zunehmend aufs Schmuggeln.
Dafür bot sich naturgemäß die Ohe an. Aber
10 hannoversche
Grenzzollaufseher waren rund um Bodenburg stationiert. Die haben wohl
wirklich am Schlagbaum Zoll erhoben, für Waren "nach
drüben". 1 Jahr
und 10 Monate hat Wehrstedt an dieser innerdeutschen Zollgrenze
gelegen, dann hat die Regierung in Braunschweig beim Deutschen
Zollverein eingelenkt, die zunehmende Not der Bodenburger
hörte auf,
die Zollaufseher und der Schlagbaum verschwanden wieder. Der Flurname
aber ist erhalten geblieben.
1870 bis 1871
Als preußische
Soldaten mußten 1871 vierzehn Wehrstedter mit in den
Deutsch-Französischen Krieg ziehen. Sie waren wahrscheinlich
hannoverschen Regimentern zugeteilt. Einer von ihnen kam nicht
zurück:
C.Bolm. Die näheren Umstände sind heute nicht mehr
bekannt. Die Namen
der Kriegsteilnehmer wurden auf einer Fahne
verewigt, die 100 Jahre lang über der "Herrschaftsempore" im
Altarraum
der Kirche in Höhe des Deckengesimses hing. Es waren 2 Fahnen,
die dort
hingen, eine rote links und eine elfenbeinfarbene rechts, beide etwa 1
1/4 qm groß. Sie wurden beide bei der Kirchenrenovierung 1971
entfernt
und verschenkt.
Die Texte waren eingestickt. Auf der roten Fahne stand: Von den
Schulkindern Wehrstedts zum Freudenfest 1871. Wobei zu bemerken ist,
daß der Lehrer Wilhelm Düwel als Musketier bei den
79ern mit nach
Frankreich marschiert war. In die elfenbeinfarbige Fahne war mit
grünen
Buchstaben gestickt:
Die Kriegsjahre 1914 bis 1918
(Ein zeitgenössischer Bericht)
Der Wehrstedter Lehrer Steinborn notierte in einer Art Tagebuch, was
während der Kriegsjahre 1914-18 den Einwohnern geschah. Seine
Erlebnisse und Eindrücke werden hier nur auszugsweise, aber
unverändert
wiedergegeben:
Am 31. Juli 1914 wurde unser Dorf in eine
große Aufregung versetzt,
als abends 6 Uhr der Gemeindediener durch die Straßen ging
und nach
erfolgtem Glockenzeichen bekanntmachte, daß im Bereich des
10.
Armeekorps der Kriegszustand erklärt sei ...
24 Stunden später, am I.August abend 6 Uhr, wurde dann die
Mobilmachung
des gesamten Heeres und der Marine angeordnet ... Gruppen von
Männern
und Frauen
standen auf den Straßen und vor den Häusern und
besprachen lebhaft die
politische Lage. Die Erregung auch in unserem Ort war furchtbar. Die
Arbeit ruhte fast einige Tage, niemand konnte sich etwas Ernstes
vornehmen ... Am meisten fanden sich die Dorfbewohner beim Schulhause
ein, wo an einer großen Tafel die einzelnen
Mobilmachungstage, die
neuen Fahrpläne für Militärtransporte usw.
ausgehängt waren. Depeschen,
welche die wichtigsten Ereignisse vom Kriegsschauplatze meldeten,
wurden hier gleichfalls veröffentlicht und eifrig gelesen ...
Auf Anordnung des Königl. Landrats mußten an den
Eingängen des Dorfes
Tag und Nacht Wachen aufgestellt werden, um fremde Automobile, die
meist feindliche Offiziere (oft in Frauenkleidern) in rasender
Geschwindigkeit nach Osten gen Rußland brachten, aufzuhalten
und
verdächtige Insassen ohne Ausweise zu verhaften ...
Gleich in den ersten Tagen der Mobilmachung begaben sich die
jüngsten
Jahrgänge der Reserve zu ihren Truppenteilen. Ehe die
älteren
Mannschaften sich aber stellten, gingen sie erst zum Abendmahl und
bereiteten sich auf den ernsten Gang vor.
Der allgemeine Büß- und Bettag am S.August 1914 sah
manche, welche der
Kirche schon lange vorher den Rücken gekehrt hatten ... Unser
deutsches
Volk hatte seinen Gott wiedergefunden ... Während der ganzen
Kriegszeit
wurde unsere Kirche am Tage offengehalten ...
Unsere heranwachsende Jugend vom 16. Lebensjahr ab wurde auf Grund
eines Ministerial-Erlasses zum militärischen Hilfs- und
Arbeitsdienst
herangezogen. Unsere jungen Leute versammelten sich
wöchentlich zweimal
(Dienstag + Freitag abend von 8-10 Uhr) im Salzschuppen des Kaliwerkes
zu Salzdetfurth ..., wo sie in den militärischen
Übungen ausgebildet
und auf den Heeresdienst vorbereitet wurden. Ausgerüstet waren
dieselben mit Holzgewehr und Feldmütze, welche von allen aus
eigenen
Mitteln beschafft wurden. Die Leitung hatte der Wehrstedter
Kotsaß
Heinrich Fischer übernommen. Mit Lust und Liebe geben sich die
jungen
Leute den militärischen Übungen hin ...
Am 4. August 1914, am Tage der Schlachten von Spiechern und
Weißenburg
hielt die deutsche Volksvertretung die denkwürdige
Reichstagssitzung in
Berlin ab. Im Reichstagsgebäude begann um 3 Uhr 15 Minuten die
geschäftliche Sitzung. An der Spitze steht die Forderung der
Kriegskredite in Höhe von 5 Milliarden Mark.
Einstimmig wurde die erste Kriegsanleihe bewilligt. Es wurden gleich
4'/2 Milliarden gezeichnet; auf die 2 Kriegsanleihen von 5 Millarden
gingen über 9 Milliarden ein
... Eindringlich belehrte (in Wehrstedt) der Lehrer die Kinder
über die aufgelegte Kriegsanleihe ...
Die Gelder aus der 1.Zeichnung wurden bei der Kreissparkasse in
Trebnitz/ Schlesien, von den letzteren bei der Kreissparkasse des
Kreises Marienburg in Bockenem auf sogenannte Kriegssparbücher
angelegt.
... Wenn auch zunächst nur die
jüngeren Jahrgänge zu den Waffen
gerufen wurden, machte es den zurückbleibenden
älteren Männern trotz
des günstigen Erntewetters im Sommer 1914 doch große
Mühe, die Ernte
einzubringen. Waren die Pferde zum Heeresdienst angekauft, so wurde die
Ernte durch die noch
vorhandenen Gespanne eingefahren ... Während des Krieges waren
hier im
Ort nur noch 4 Pferde ... Um die fehlenden Arbeitskräfte
einigermaßen
zu ersetzen, ordnete die königliche Regierung an,
daß den oberen
Jahrgängen der Schulkinder zur Hilfe in der Ernte, zum Roden
von
Kartoffeln und Rüben in weitgehendster
Weise Urlaub erteilt wird ...
Die größeren Höfe erhielten auf ihren
Antrag einen Gefangenen. So waren
hier 7 französische Gefangene, geliefert an Heinrich Bolm,
Wilhelm
Ebeling, Heinrich Bock, Heinrich Quensen, Karl Ebeling, Heinrich
Philipps und Heinrich Fischer. Alle Gefangenen waren willig und
fleißig
...
Kinder, die sonst bei der Arbeit nicht nötig waren, gingen
aufs Feld
und lasen Ähren. So wurde im Sommer 1916 durch
Ährenlesen der Kinder
allein 9 Ztr. Brotgetreide gewonnen ...
... Es war gänzlich unmöglich, Petroleum nach
Deutschland einzuführen.
Als die vorhandenen Mengen bald erschöpft waren, wurden
Petroleummarken
ausgegeben.
Zuerst erhielt die Familie wöchentlich 0,5 -1 Liter,
später mußte diese
Menge sogar für einen ganzen Monat reichen ... Jetzt werden
wieder die
alten Küsel hervorgeholt und mit Docht und
Rüböl versehen ... Viele
Gemeinden unserer Gegend schlössen Verträge ab mit
den
Elektrizitätswerken in Gronau und Nordstemmen. Wehrstedt
schloß mit dem
Werk in Nordstemmen ab, konnte aber, obwohl die Hausanschlüsse
sämtlich
fertig waren, kein Licht bekommen, weil die Kupferdrähte
beschlagnahmt
und von der Heeresverwaltung gebraucht wurden.
Das in der Kinderheilanstalt in Salzdetfurth eingerichtete
Erholungsheim für Soldaten wurde von hier aus reichlich mit
Naturalien
bedacht. Die Schulkinder sammelten Eier ein und konnten bald 245
Stück
in Salzdetfurth abliefern.
Wer irgend konnte, baute in dieser fettarmen Zeit etwas Mohn oder Raps
an und ließ in Gandersheim oder Seesen Öl daraus
machen. Im letzten
Kriegsjahr gab es eine besonders reiche Bucheckernernte. Alt und jung,
groß und klein ging in den Wald und las oder fegte Buche.
Damit auch
der Allgemeinheit von dem reichen
Segen etwas zugute kam, mußte die Hälfte der
gesammelten Bucheckern
gegen Zahlung von 1,65 M für das Kilogramm abgegeben werden.
In der
Schule wurden im ganzen 27 Zentner abgegeben.
... Wegen der großen Knappheit an Heu und Stroh
mußte Laub oder Futter
für die Militärpferde gesammelt werden. Die hiesigen
Schulkinder
sammelten 155 Zentner Frischlaub und erhielten dafür
über 900 M bar
ausbezahlt. Das frische Laub wurde auf Handwagen nach der Zuckerfabrik
in Bockenem gefahren, wo es getrocknet wurde. Das hier auf dem
Wolfschen Tanzboden und in der Philippschen Scheune getrocknete Laub
ging gleich in die Mühle zu Nienburg, wo es gemahlen, zu
Kuchen gepreßt
und an die Front geschickt wurde ...
In der letzten Zeit des Krieges wurden alle noch vorhandenen
Gegenstände aus Kupfer oder Messing beschlagnahmt und nach
Bockenem
abgeliefert. Zur Herstellung von Kanonen und Geschossen
mußten auch
unsere kleine Schlagglocke und die großen zinnernen
Prospektpfeifen der
Orgel abgeliefert werden. Die kleine Glocke wurde nach dem Krieg durch
eine Stahlglocke der Firma Weule in Bockenem ersetzt (die
Prospektpfeifen erst 1924) ...
War jemand auf dem Felde der Ehre gefallen, so fand am
nächsten Sonntag
in der Kirche eine Gedächtnisfeier statt. Der Geistliche gab
bekannt,
welche Gefechte und Schlachten er mitgemacht und wo er gefallen und
begraben war. Die Gemeinde sang dann stehend das Lied: "Jesus, meine
Zuversicht ..." Am 9. November 1918
kam es in Berlin zur Revolution. Das Volk riß die Gewalt an
sich.
Oberall bildeten sich Arbeiter- und Soldatenräte. Menschen,
die schon
mit Gefängnis und Zuchthaus Bekanntschaft gemacht hatten,
stellten sich
an die Spitze der Gemeinden und wollten regieren ...
Die Kriegsteilnehmer, die 1914-18 aus Wehrstedt
ins Feld zogen:
1. Heinrich Bolm (im Dorfe) Infanterie-Rgt. 77
2. Friedrich Brinkmann 4. Garde-Rgt. zu Fuß Belgien,
Frankreich
3. Christel Philipps Ostfries. Feld-Artill.-Rgt. 62 Frankreich,
Rußland
4. Wilhelm Philipps Infanterie-Rgt. 87 Frankreich
5. Heinrich Mävers, Gefr. Reserve-Inf.-Rgt. 77
6. Karl Grebe (Bergmann), Uffz. 1. Oberrhein. Inf.-Rgt. 97
Rußland
7. Herbert Gerbes Jäger-Bat. Nr. 10 Belgien, Frankreich,
Tirol, Galizien
8. Karl Ebeling Infanterie-Rgt. 79 Namur, St. Ouentin
9. Friedrich Wagener 4. Komp. Inselwache Borkum
10. Heinrich Wedemeyer, Sergeant Infanterie-Rgt. 79 Frankreich,
Rußland
11. Heinrich Jacobs Frankreich
12. Julius Bertram 20. Div.-Rekrutendepot, Etappeninspektion 7
13. Ludwig Stein, Uffz. Sturmabtig. Hannov. Pionier-Bat. Nr. 10
Frankreich
14. Dr. Fritz Lange, Uffz. Fuhrpark-Kolonne 30 20. Armeecorps
Frankreich, Rußland
15. Wilhelm Böse Res.-Inf. Munitions-Kolonne 24
16. August Schillig, Uffz. Res.-Inf.-Rgt. 77 Frankreich
17. Heinrich Bolm (im Winkel), Uffz.
Landwehr-Fußartillerie-Rgt. 34 Frankreich, Rußland
18. Gustav Grenne, Gefr. Inf.-Rgt. 79
19. Friedrich Ente Inf.-Rgt. 79
20. Karl Stein Inf.-Rgt. 164 Frankreich, Flandern
21. Gustav Küßner, Vize-Feldwebel, EK l
Res.-Inf.-Rgt. 77 Frankreich, Rußland
22. August Fricke, Gefr. Rgt.-Stab Husaren-Rgt. 14 Frankreich,
Rußland, Flandern, Ukraine
23. Heinrich Gerbes (Schuhmacher), Sergeant Res.-Inf.-Rgt. 77
Frankreich
24 Wilhelm Brunotte, Sergeantpeld-Flieger 28 Rußland,
Serbien, Dobrutscha, Krim
25 Heinrich Brunotte Garde-Inf.-Rgt. 79 Rußland
26. Heinrich Philipps Res.-Inf.-Rgt. 77
27. Karl Kopperschmidt Res.-Inf.-Rgt. 77 Frankreich
28. Ludwig Gaus Munitionskol. 61, 47. Res.-Div. Frankreich,
Rußland
29. Karl Hagemann, Gefr. Masch.-Komp. Rgt. Nr. 22 Frankreich,
Rußland
30. Karl Grebe (Kaufmann), Uffz. Inf.-Rgt. 79
31. Karl Pülm, Gefr. Frankreich, Belgien, Rußland
Kaiser-Franz-Garde Grenadier-Rgt.
32. August Denecke Jäger-Rgt. Nr. 10 Frankreich, Tirol,
Serbien
33. Karl Denecke, Gefr. 2. Hannov. Pionier-Bat. Nr. 10 Frankreich
34. Wilhelm Ebeling Landwehr-Inf.-Rgt. Nr. 74 Belgien
35. Heinrich Hagemann Torpedo-Obermatrose auf SMS Kaiser Friedrich III
36. Wilhelm Einecke (Hornist), Sergeant Ersatz-Inf.-Rgt. 29
37. Karl Brinkmann
18. Res.-Jägerbataillon
38. Hermann Leinemann, Gefr. Res.-Inf.-Rgt. 77
39. August Härtung Inf.-Rgt. 77 Frankreich
40. Heinrich Henkel Landsturm-Inf. 3 Etappen-lnsp. Frankreich
41. Karl Schwerdtfeger Inf.-Rgt. 78 Rußland, Frankreich
42. Wilhelm Brinkmann, Gefr. Frankreich Minenwerfer-Komp. 160
43. Ernst Bolm 4. Landsturm-Inf.-Ersatz-Bat. Frankreich, Flandern
44. Wilhelm Ebeling (Landwirt)
45. Karl Münnecke, Gefr. Inf.-Rgt. 77 Frankreich,
Rußland
46. Heinrich Philipps (Ziegenberg) ln(.-Rgt. 77 Frankreich
47. Heinrich Kopperschmidt (Kaufmann) Garde-Feldart. Jüterbog
Estland
48. Heinrich Kopperschmidt (Zimmermann) Eisenbahn-Rgt. 1 Serbien,
Belgien, Frankreich, Macedonien
49. Hermann Neumann, Diener SM des Kaisers Kürassier-Rgt. v.
Seydiitz Nr. 7 Rußland, Rumänien, Belgien,
Frankreich
50. Heinrich Grebe (Gastwirt), Gefr. Landsturm-Inf.-Rgt. Nr. 1
Rußland, Baltikum
51. Albert Karmrodt Landwehr-Inf.-Rgt. 23
52. Karl Henkel Feld-Art.-Rgt. 62 Frankreich
53. Karl Bolm Feld-Art.-Rgt. 35 Frankreich
54. Wilhelm Keunecke 1. Landsturm-Inf.-Ersatz-Bat. Straßburg
Belgien, Rußland, Galizien
55. Karl Rott Landsturm-Etappen-lnsp. Nr. 3 Frankreich
56. Heinrich Quensen Landsturm-Etappen-lnsp. Nr. 3 Frankreich
57. Heinrich Bock 50. Res.-Div. Reserve-Bäckerei
Rußland, Frankreich
58. Karl Meinecke 2. Landsturm-Bat. Frankreich
59. Karl Borchers Landsturm-Etappen-lnsp. Nr. 3 Frankreich, Borkum
60. Hermann Ohms, Gefr. Landsturm-Ersatz-Bat. II Frankreich
61. Hoppe (Hornist) Landsturm-Inf.-Bat. 39 3. Etappen-lnsp. Frankreich
62. Adolf Hoffmann Rekrutendepot II 79 Frankreich
63. Heinrich Fischer Frankreich
64. Heinrich Crome Feld-Art.-Rgt. 10 Frankreich
65. Karl Brinkmann (Landwirt) Res.-Inf.-Rgt. 78 Frankreich,
Rußland
66. Heinrich Brinkmann (Maurer) Füsilier-Rgt. 90 Frankreich
67. Heinrich Geliert
68. Karl Gerbes 16. FüsilierArtillerie Flandern, Frankreich
69. Paul Härtung Rekruten-Depot Inf.-Rgt. 92 Frankreich,
Rußland
70. Richard Holland Res.-Art.-Rgt. 20
71. Richard Härtung Pionier-Bat. 3 Frankreich,
Rußland
72. Karl Habenicht Inf.-Rgt. 603
73. Hermann Jasch Feld-Art.-Rgt. 10, Lichtmeßtrupp 5
Frankreich
74. Wilhelm Langemeyer
75. Ernst Münnecke Inf.-Rgt. 361 Frankreich, Rußland
76. Karl Ohms 5./6. Garde-Feld-Art.-Rgt. Jüterbog
Rumänien, Macedonien
77. Ernst Mahnkopp Res.-Art.-Rgt. 28 Frankreich
78. Gustav Jacobs Inf.-Rgt. 143 Frankreich
79. Ernst Sachs Frankreich, Rußland
80. Heinrich Schillig (Winkel) Inf.-Rgt. 374 Rußland,
Frankreich
81. Heinrich Schillig (Ecke) Inf.-Rgt. 77 Frankreich
82. August Wagener, Gefreiter Garde-Feld-Art. Rumänien,
Frankreich
83. Gustav Wagener Pionier-Bat. Frankreich
84. Karl Wolf Garde-Landsturm-Bat. Noilendorf Rußland
85. Alfred Philipps 20. Inf.-Div. Frankreich
86. Rudolf Stürmer Res.-Inf.-Rgt. 228 Frankreich
87. Wilhelm Vespermann (Schuhmacher) 1. Corps-Bekleidungsamt
Rußland
88. Heinrich Mahnkopp Labiau, Königsberg
89. Hermann Härtung Feld-Art.-Rgt. 43 Frankreich
90. Gotthilf Einecke Train-Bat. Rußland, Serbien, Frankreich
91. Heinrich Habenicht Infanterie-Rgt. 603 Frankreich
92. August Fuhrmann
93. Karl Philipps (Winkel), Batteriechef
94. Heinrich Maibaum (Knecht)
95. Friedrich Maibaum (Lokomotivheizer)
96. Karl Mävers
97. Friedrich Mävers
98. Adolf Illing (Pastor), Sanitäts-Uffz.
1914-18 Auf dem Felde der Ehre gefallen:
Wilhelm Philipps, Gärtner September 1914 Reims/Fr.
August Fuhrmann 17. September 1914 Mont de Marsan/Fr.
Heinrich Philipps, Kaufmann April 1915 Argonnerwald
Heinrich Brunotte 4. August 1915 Ostrolenka/Narew
Friedrich Ente 18. Juli 1915 Baranica
Heinrich Bolm (im Dorfe) 28. September 1915 Salome/Fr.
Heinrich Jacobs 27. Oktober 1915 Salome'Fr.
Karl Brinkmann (Ziegenberg) 27. März 1916 St. Eloi-Loos/Fr.
Gustav Wagener 22. Juli 1916 Sissonac/Fr.
Wilhelm Ebeling (Tischler) 24. Dezember 1916 Belgien
Karl Schwerdtfeger 30. Januar 1917 Serre a. d. Anere/Fr.
August Wagener 6. August 1918 Frankreich
Friedrich Wagener 17. November 1918 Borkum
Heinrich Mävers
August Schillig
Dr. Fritz Lange Oliva
Ernst Sachs
Die "braunen" Jahre, 1933 bis 1945
Vorbemerkung des Chronisten: Der folgende Abschnitt wird
bewußt kurz
ausfallen. Aber es wäre eine Verfälschung der
Tatsachen, würde diese
hier weggelassen. Dann würde der Wahrheitsgehalt der Chronik
angetastet. Also wird hier auch erwähnt, daß vor
rund 50 Jahren die
"Nazis" im Ort Fuß faßten. Inwieweit ihr
Gedankengut in die
Dorfgemeinschaft eindrang, ist eine ganz andere Frage. Um die
Geschehnisse aus den Anfängen des "3. Reiches"
möglichst objektiv zu
schildern, wird hier aus damaligen Aufzeichnungen zitiert:
"Im April 1933 kamen Mitglieder der NSDAP aus Bad Salzdet-furth nach
Wehrstedt (Grebes Saal), um auch hier Mitglieder zu werben. ...
verpflichteten sich an dem Abend etwa 15 Männer ... zum
Eintritt in die
Partei. Sie bildeten einen Block der Ortsgruppe Salzdetfurth.
Blockleiter wurde der Revierförster Schult-chen in Wehrstedt.
Im
Frühjahr 1934 bestimmt der Ortsgruppenleiter Rosin aus
Salzdetfurth
[einen neuen] Blockleiter in Wehrstedt. 1936: Infolge der Zunahme der
Parteimitglieder (jetzt 26) wurde Wehrstedt eine Zelle aus 3 Blocks.
1936: Angeregt von der Ortsgruppe in Salzdetfurth, bildete sich in
Wehrstedt eine NS-Frauenschaft, eine NS-Volkswohlfahrt, ein Sturm der
SA, eine Hitler-Jugend ... 1.4.1939: Die Zelle Wehrstedt wird
selbständige Ortsgruppe, Ortsgruppenleiter wurde ..."
2 Parteimitglieder sind dann konsequenterweise auch aus der Kirche
ausgetreten. Die antikirchliche Grundhaltung der "Staatspartei" hat
sich in Wehrstedt höchstens in Gleichgültigkeit bzw.
Resignation
ausgedrückt. Die allerdings kann auch durch die
bedrückenden Ereignisse
der schweren Jahre des 2. Weltkrieges hervorgerufen worden sein. Pastor
Dr. Cordes schreibt darüber wie folgt:
"Der Kirchenkampf hat auf das innerkirchliche Leben in der Gemeinde
keine nachhaltige Wirkung ausgeübt.... aber eine innere
Müdigkeit, ich
möchte nicht sagen: Gleichgültigkeit, eine den
weiteren Lauf der Dinge
abwartende Resignation ließ es nicht zu dem
Entschluß kommen, an dem
kirchlichen Leben nun stärker teilzunehmen.
Schädigend hat auch der
Umstand eingewirkt, daß in den letzten Kriegsjahren in den
kalten
Monaten der Gottesdienst wegen Feuerungsmangel in das Familienzimmer
des
Pfarrhauses verlegt werden mußte ... Die schwere
Enttäuschung, die
viele Gemeindemitglieder am Nationalsozialismus erlebt haben - nicht
erst in seinem Zusammenbruch -, hat sie noch mißtrauischer
gemacht
gegen alle Worte, denen sie an sich wohl zustimmen möchten.
... Der
Acker der Volksseele ist durch die Geschehnisse des letzten Jahrzehnts
wohl aufgewühlt, aber seit langem überfordert und
ausgebeutet, entbehrt
er jetzt der Triebkraft zum .Glauben'."
Opfer des 2. Weltkrieges
Gefallen:
1940 Ernst Brinkmann
1941 Walter Klemm, Karl Missner, Heinrich Münnecke
1942 Hermann Brauner, Johann Cordes
1943 Walter Brunotte, Paul Göbel, Heinrich Karmrodt, Hugo
Pingel, Karl Reizig
1944 Friedrich Brinkmann, Karl Brinkmann, Heinrich Bock, Gustav
Denecke, Willi Gewald, Fritz Meinecke, Wilhelm Mävers, Ernst
Sachs,
Hermann Sander, Hermann Hert-rempf, Alfred Hertrempf, Paul
Eißler
1945 Herbert Feist, Paul Hoffmann, Johann Joswig, Wilhelm Meinecke,
Heinrich Wedemeyer, Heinrich Gerbes, Georg Jaskalla, Werner Schnelle,
Wilhelm Schwabe, Franz Förster, August Schlesinger
Vermißt:
1942 Joachim Hoffmann
1943 Joachim Brauner, Ernst Harling, Wilhelm Saake, Eduard Schneider,
Willi Schmidt, Werner Moritz, H. Schmidt
1944 Karl Jörren, Wilhelm Karmrodt,-Karl-Meinecke, Friedrich
Meyer, Wilhelm Stein, Ernst Stein, Rudolf Pingel
t945 Alfred Brauner, Sepp Hecke), Richard Joswig, Wilhelm
Tönnies,
Heinz Wunstorf, v. Vietighoff-Scheel, Hermann Wolf, Erich Oppermann,
Heinrich Dumetat.
Die Heimatvertriebenen
Nachdem zu Beginn des letzten Kriegsjahres die Russen in die deutschen
Ostgebiete einmarschierten, folgten auch bald die Polen. Unter der
russischen Militärverwaltung durften die Deutschen jenseits
der
Oder-Neiße noch bleiben. Dieses Gebiet sollte nach den
Beschlüssen der
Krimkonferenz im Februar 1945 in Jalta von den Polen nur verwaltet
werden. Weil aber Stalin 1/3 des ostpolnischen Raumes behalten wollte,
betrachteten die Polen die deutschen Ostgebiete als für immer
überlassen und begannen, die Deutschen zu vertreiben.
5 Millionen Deutsche lebten bei Kriegsende noch östlich der
Oder-Neiße.
1946 wurden sie von den Polen in großen Transporten
ausgewiesen. Nach
den Jalta-Beschlüssen wurde das im Potsdamer Abkommen, nach
der
Kapitulation am 8. Mai 1945, so formuliert:
"... sind ordnungsgemäß auszusiedeln!"
Die Wirklichkeit sah dann so aus: Innerhalb 24 Stunden auf dem Bahnhof
sein, Fahrgeld für den Bahntransport bezahlen, Gepäck
(Bündel, Koffer,
Rucksack ...) nur so viel man tragen konnte, Transport im Viehwagen,
der mit Stroh aufgeschüttet wurde.
Nach Wehrstedt kamen die meisten Vertriebenen 1946 mit einem Transport
aus Schlesien. Die zum Teil offenen Viehwagen waren auf der Strecke
Penzig-Kohlfurth beladen worden und kamen über Magdeburg nach
dem
"Westen". Von Uelzen wurde der Zug weitergeleitet nach Bockenem. Von
dort holten die Wehrstedter "ihre" Vertriebenen mit Gespannen - z. T.
mit Ochsengespannen - vom Bahnhof ab. Es waren 242 Personen, davon nur
28 nicht aus Schlesien.
Bürgermeister Schillig wies ihnen allen Quartiere in den
einzelnen Häusern zu.
Diese Vertriebenen waren:
Aniol (3), Hörn (5), Klemmt (5),
Leonhard (3), Schmidt (3), Hoffmann (2), Jansen (1), Kunte (1),
Fünfstück (7), Klinke (1) Franke (11), Fieber (3),
Gruth (1), Hoffmann
(2), Heckel (1), Laqua (1), Heimann (3), Latzel (5), Pätzold
(2),
Schlinke (6)
Raschke (5), Kautz (1), Göbel (4), Heinz (5), Schlesinger (2),
Grundei
(4), Flassig(2), Missner(5), Vogt(1), Stoffregen (4), Wolf (3), Kasper
(3), Rösner(3), Förster (1) Herberg (2) Dudek(4),
Pukalla (3) Ressel
(2), Bräuer (3), Grosche (4), Bonig (4), Feist (4) Burzin (2),
Schubert
(7) Brauner (3) Sobotta (1) Apelt (6),
Ries (2), Kuppert (2) Walke (2) Klose (4) Urner (1), Kinzel (2)
Meschter (3), Wirth (2), Schön (2) Merfert (5)
Brunzel(3) Sandvoß (2) Kleinert(1) Klose (2) Klemm (2),
Wuttke (3), Woischnig (3) Warner(2) Schmidt (2)
1946 wird
Wehrstedt neue Heimat für Vertriebene und Flüchtlinge
aus den deutschen Ostgebieten
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